Beitrag zur Bewegungsphysiologie der Lippfische (Labridae)

Authors

  • Wolfgang NEU

Abstract

       1. Die Lage des Schwerpunktes aller Labriden ist derart, daß den Fischen ein stabiles Gleichgewicht verliehen wird. Sie brauchen keine Flossenarbeit zu leisten, urn ihre normale horizontale Lage im Wasser aufrechtzuerhalten.

       2. Das spezifische Gewicht von Fischen, denen die Leibeshöhle eröffnet und die Schwimmblase zerstört worden war, ist deutlich höher als das des umgebenden Seewassers. Das spezifische Gewicht der unversehrten, frisch getöteten Fische liegt in engen Grenzen unter oder öfters über dem des umgebenden Seewassers.

          Da die Messung am toten Fisch stets mit kleinen Fehlern verknüpft ist, könnte man annehmen, daß das spezifische Gewicht der lebenden Fische genau der Dichte des Seewassers gleicht. Die Bedeutung dieses Falles liegt auf der Hand. Wahrscheinlicher ist indessen die Annahme, daß das spezifische Gewicht um ein geringes über der Dichte des Seewassers liegt, da alle Labriden die mannigfaltigsten Ruhestellungen am Meeresboden einnehmen. Nur auf diese Weise ist ihnen das mühelos möglich. Über die Möglichkeit einer aktiven Veränderung des spezifischen Gewichts durch Vergrößerung oder Verkleinerung der Schwimmblase ist nichts Sicheres bekannt.

        3. Die Vorwärtsbewegung der Lippfische geschieht normalerweise nur mit den Brustflossen, die ungefähr an der Stelle der größten Körperbreite inserieren. Dadurch und auf Grund der unter 1 und 2 geschilderten Verhältnisse erreichen die Brustflossenbewegungen ihren größten Wirkungsgrad.

        4. Bei besonders schnellem Schwimmen werden Schwingungen mit dem Körper und der Schwanzflosse ausgeführt. Diese Antriebsbewegung ist am ausgeprägtesten bei den langgestreckten Coris- Arten.

        5. Rücken-, After- und Schwanzflosse sind Stabilisierungsflächen, die vor allem bei langsamen Schwimmen und Wendungen in Funktion treten. Die Wendung wird durch lebhaftere Bewegung der äußeren Brustflosse ausgeführt.

        6. Alle Labriden schwimmen ausgezeichnet rückwärts.

        7. Die als normal anzusehende Schwimmgeschwindigkeit hält sich in weiten Grenzen. Sie beträgt im allgemeinen nur einige Zentimeter pro Sekunde, kann aber bis 30 cm pro Sekunde gesteigert werden (nur Brustflossenantrieb!). Sie wird wesentlich höher beim Antrieb durch Körperschwingungen.

        8. In beschränktem Maße wurde eine Analyse der Körperform versucht. Wo die erhaltenen Resultate für die vorliegende Schilderung der Schwimmbewegungen nicht verwertet werden konnten, stellen sie Material für vergleichende Untersuchungen dar. Deshalb wurde auf ihre Angabe nicht verzichtet. Ausführlicher werden sie in der folgenden Abhandlung über hydromechanische Untersu­chungen an Fischen erörtert.

 

Published

15.12.1935

Issue

Section

Articles